Kunming – Gesundheitstrip

Heute zeigt sich Kunming von seiner guten Seite. Statt des angekündigten Regens scheint die Sonne, das 5 Sterne Frühstück im Cuihu Bingguan macht (nach fast sechs Wochen) Freude. Auf dem Weg zur Besichtigung des buddhistischen Tempels Yuantong Si 圆通寺 kommen wir an einer Klinik/Praxis für traditionelle chinesische Medizin vorbei. Man kann dort einfach reinspazieren, meldet sich an und wird dann einem der etwa 10 Ärzte zugewiesen, die in kleinen für jedermann einsehbaren Räumen praktizieren.

ich entscheide kurz entschlossen, mal was gegen mein Ohrengeräusch zu unternehmen. Für 10 RMB (1,40€) werde ich dann bei Doktor Chen Zhaoming, Spezialist für Ohrenklingeln, vorstellig unter aufmerksamer Beteiligung unbeteiligter wartender Patienten. Kurze Puls- und Zungendiagnose, ein paar Fragen und dann diktiert er seiner Assistentin das Rezept. Da ich nicht weiß, was bei der Einreise passiert, wenn ich mit großen Mengen seltsamer und undefinierbarer und meist stark riechender Ingredienzien auftauche, einigen wir uns auf Zutaten für eine Woche Kräutergemisch zum selber kochen und eine Woche fertig gedrehte Pillen. Ersteres soll bessere Wirkung erzielen und ist auch teurer.

In der angrenzenden Apotheke werden Kräutermischung (ich hoffe, es sind nur Kräuter und keine Bestandteile bedrohter Tierarten) und Pillen individuell zusammengestellt, bzw. gedreht. Da das dauert, gehen wir erstmal den Yuantong Tempel besichtigen. Eine sehr schöne Anlage mitten im Hochhausgewirr, über 1000 Jahre alt, aber mehrfach erneuert. Es sind etliche Gläubige da und wieder erleben wir die Spendenfreudigkeit. Die Anlage zieht sich noch einen Felshang hoch mit Inschriften, der aber aktuell leider nicht zugänglich ist.

Mit zwei Amuletten für innere Ruhe und Zufriedenheit ausgestattet holen dann wir die fertig gebastelte Medizin ab und begeben uns zur Mittagspause zurück ins Hotel.

 

Markttag – reales Leben

Im Nachbardorf ist heute Markttag. Kein Showmarkt für Touristen, sondern für die Einheimischen. Alice, die Hotelbesitzerin, will dort einkaufen und nimmt uns mit. Eine große überdachte Halle mit allem erdenklichen Gemüse, Obst und Federvieh. Ein Huhn wählt man sich lebend aus und kann es dann direkt schlachten lassen oder es lebend einpacken und dies später selber tun. Nix für schwache Nerven. Gemüse und Obst sind ungefährlicher. Im Gefolge von Alice bekommen wir Bananen, Sauerkirschen, Sonnenblumenkerne, etc. zum Probieren zugesteckt. Alice, die jetzt 2,5 Jahre hier ist, kennt Gott und Welt und hält hier und da ein Schwätzchen. Ihre offene Art dürfte ihr auch geholfen haben hier Fuß zu fassen, denn die Hani wirken Fremden gegenüber – und wer aus Shanghai kommt, ist fremd – sehr zurückhaltend.

Vor der Halle noch Strassenstände, die Nützliches und Unnützliches, inzwischen leider auch viel Plastikschrott, verkaufen. Und etliche Läden mit Stoffen oder auch fertigen Kleidungsstücken für die Trachten. Man sieht viel Frauen und Mädchen in Tracht, vorrangig die schwarz dominierten Trachten der Hani, aber auch die bunteren der Yi und der Miao.

Die Versammlungshalle aus der Zeit der Volkskommunen steht leer und verfällt, Postamt und der Ambulanz sind dagegen voll im Betrirb.

Als alles eingekauft ist, bekommt Joachim beim mobilen Schuster noch ein paar neue Löcher in seinen Gürtel, wir sammeln wir noch das frisch geschlachtete Huhn ein und fahren zurück. Ein schöner Vormittag.

Besuch im Pilzhaus Dorf

Den Wecker hatten wir für 5:30h gestellt, um den Sonnenaufgang über den Reisfeldern  zu sehen. Doch der fiel wegen Nebels aus und so schliefen wir noch ein bisschen weiter. Nach dem Frühstück brachen wir dann auf. Wir, das waren ein französisches Ehepaar, ein japanischer Student und eine Amerikanerin. Unser Guide und Fahrerin war die Hotelbesitzerin, eine Shanghaiern, die nach 15 Jahren Arbeit in einem globalen Konzern, sich entschied auszusteigen und das Hostel in Pugao Laozhai aufzumachen. Für uns ein Glücksfall, denn sie kennt die Gegend und die Leute.

Ziel war ein kleines Dorf, in dem es nur alte Häuser gibt, sogenannte Pilzhäuser. Diese sind aus ungebrannten Lehmziegeln gebaut und haben ein Strohdach und erinnern so entfernt an Pilze. Auf dem Weg machten wir halt an einer Stelle, wo die unbepflanzten Reisfelder blau schimmern sollen, wenn das Licht richtig ist. Heute war eher nichts mit blau, aber trotzdem schön. Danach ein schöner Spaziergang zu dem Dorf und durch das Dorf. Danach zurück und Mittagspause, bevor es zum Nachmittagsprogramm losging.

Aber erstmal die Bilder von den nichtblauen Reisfeldern und dem Pilzhausdorf.

Mitten im Reisfeld 普高老寨

Gestern sind wir in Pugao Laozhai in der Region Yuanyang angekommen und haben unser „Penthaus“ auf dem Dach eines sehr netten Hostels bezogen. Die Region ist von der Volksgruppe der Hani bewohnt und berühmt für seine Reisterassen, die vor allem bei Sonnenauf- und untergang beliebte Fotomotive sind. Heute Morgen war Nebel statt Sonnenaufgang und wir haben uns für weiterschlafen entschieden.

dann vormittags eine sehr schöne Tour mit der Hotelbesitzerin als Guide zu einem Dorf und schönen Ausblicken auf die Reisfelder, die jetzt gerade bepflanzt werden. Eine mühselige Arbeit. Nachmittags geht die Tour weiter. Ein schöner Geburtstag.

Als erste Impression ein Video von der Dachterasse aufgenommen. Bilder folgen, das Netz ist zu schwach.

Baustellen, Einblicke, Rückblicke

Nachdem schon der Garten im Anwesen der Familie Zhu eine Baustelle gewesen war, stießen wir auf unserer Tour auf weitere wegen Renovierung geschlossene Bauten und Anlagen. So war bei der Examenshalle für die kaiserliche Beamtenprüfung schon am Tor Schluss und vom zenbuddhistischen Tempel war nur noch eine Halle übrig, der Rest abgerissen. Alles soll wieder aufgebaut werden, so versprechen es zumindest die Plakate an den Bauzäunen, die allenthalben Ist und Soll abbilden.

Den Drachenbrunnen haben wir dann auch noch entdeckt und abends sind wir noch auf eines der Stadttore geklettert, wo es eine interessante Ausstellung mit alten Fotos aus der Zeit, da die Franzosen die Bahnstrecke von Vietnam bis Kunming bauten.

Und wenn man die historische Ausstellung verlässt und den Blick mit der Altstadt im Rücken nach Westen richtet, sieht man wie neben dem alten Jianshui das neue aus dem Boden gestampft wird.

Tempelhopping und Brunnensuche

Nach dem Frühstück lassen wir uns durch die Altstadt treiben auf der Suche nach Brunnen und Tempeln.

Den ersten Brunnen finden wir gleich gegenüber ums Eck. Er ist noch voll im Betrieb und am Morgen wird hier Gemüse gewaschen

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Danach „arbeiten“ wir uns die Hauptachse entlang nach Westen. Im daoistischen Tempel ist nichts los. Ein paar Kartenspieler, sonst nix. Für die Götter, Unsterblichen und Vollkommenen scheinen dieselben Modell gestanden zu haben wir für die Buddhisten. Die Übergänge sind fließend. Schön auch das Gemälde mir dem ganzen daoistischen Pantheon.

Nur ein paar Meter weiter ist gegenüber ein kleiner buddhistischer Tempel. Im Eingang Falten drei Frauen Gold- und Silberbarren aus Papier. Auch wenn im Tempel nichts los ist, scheint es doch viele Gläubige und Spender zu geben. Die Wänder Hallen sind bis oben hin mit kleinen Buddhastatuen bestückt, auf denen der Name des Spenders steht. Wie unser Fahrer in Sichuan schon sagte: wenn man heute in China reich werden will, macht man am besten einen Tempel auf. Ich spendiere dem Buddha der Zukunft 20 RMB, damit er was gegen meinen Husten unternimmt. Tut er aber nicht.

 

 

 

 

 

 

Frühstück im Garten

Unser Hotel hat sich auf Langnasen eingstellt und serviert westliches Frühstück mit Kaffee, Toast, Ei und Früchten. Der Yoghurt schmeckt noch genau wie der, der Mitte der 80er als eines der ersten Milchprodukte in grauen Keramikfläschchen verkauft wurde.

Das nordchinesische Frühstück mit  Sojamilch, Reisbrei und ausgebackenen Stangen – Youjiao- mag ich gerne, aber hier habe ich vor scharfer Nudelsuppe mit Fleisch und eingelegtem Gemüse die Waffen gestreckt.

Heute Tempeltour und Suche nach den vielen Brunnen, die das Wahrzeichen von Jianshui bilden.

 

 

 

Tuanshan 团山 – ein Dorf zum Verlieben

Heute steht Tuanshan 团山 – Rundbergdorf – auf dem Programm, das rund 20km vom Jianshui entfernt liegt. Das gesamte Dorf, dessen bauten bis in die Mingzeit zurückreichen (13./14.Jhd.) steht unter Denkmalschutz, also sehr vielversprechend.

Gekommen war ich auf die Region um Jianshui durch den Blog Travel Cathay, der viel über alte Dörfer in Yunnan schreibt. Hier der Link zu seinem Bericht über Tuanshan, dann kann ich mir den historischen Exkurs sparen. Travel Cathay Tuanshan

Spannend an der Geschichte finde ich, dass eine Han-chinesische Familie, die sich dieses ursprünglich nur von der Volksgruppe der Yi bewohnte Dorf als Sitz auserkoren hat und mit wirtschaftlichem und politischem Geschick ausgestattet über die Jahrhunderte das Gesicht des Dorfes prägt.

Zum Dorf fahren wir mit einem Taxi, das uns das Hotel für diese Tour organisiert. Der Fahrer erweist sich als bewanderter „Guide“, der gerne und gut über die Gegend zu erzählen weiß (chinesisch vorausgesetzt) und uns auch noch zu einigen anderen interessanten Brücken aus der Qingzeit sowie einem alten Bahnhof von 1936, den noch die Franzosen gebaut haben, kutschiert.

Da wir recht früh da sind teilen wir uns das Dorf erstmal nur mit den Einheimischen. Wir spazieren durch die Gassen, vor einigen Gebäuden sind Erklärungen in Chinesisch und Englisch angebracht. In einige Höfe treten wir ein, wobei wir uns nicht immer sicher sind, ob wir gerade bei jemandem quasi im Wohnzimmer stehen oder noch auf der Besichtigungsroute sind. Der Übergang von privat zu öffentlich ist fließend. Hie und da wird von den Einheimischen einfaches Kunsthandwerk angeboten, aber das touristische Shoppingangebot hält sich erfreulich in Grenzen.

Die einfachen Häuser haben meist nur ein oder zwei Höfe, auf drei Seiten sind Wohnräume und auf der vierten ein Wasserspeicher. Der Renovierungszustand ist unterschiedlich. Aber man erkennt, dass hier nach der Maxime „Altes erhalten und wo möglich wiederverwenden“ gehandelt wird. Auf einigen Bildern kann man das gut erkennen. Einige der Lehmhäuser sind allerdings nicht mehr zu retten. Die Anwesen der Familie Zhang sind überwiegend aus massivem Stein errichtet mit Oberbauten und Dachkonstruktionen aus Holz. Sie sind auch deutlich größer mit etlichen Höfen mehr, wenngleich nicht so riesig wie das Anwesen der Zhus in Jianshui.

Ein besonderes Highlight für mich ist der kleine buddhistische Tempel mit bäuerlichen Skulpturen und Resten revolutionärer Wandgemälde gleich neben Buddha. Auch dieser Tempel ist liebevoll restauriert. Maobilder und Maosprüche begegnen uns noch mehrfach in den Höfen.

Kurz ein Dorf mit vielen Einblicken, interessanten Details, in dem man viel Zeit verbringen kann und das gerne…

Zum krönenden Abschluss futtern wir dann noch an einen kleinen Stand gegrillten Dofu, eine regionale Spezialität, Kartoffeln, und eine schwer zu bändigende Art Götterspeise aus Papaya. Zusammen mit drei Studentinnen und unserem Fahrer sitzen wir auf seeeehr niedrigen Hockern um einen Tisch mit einem primitiven Grill herum, auf dem die Grillmeisterin den Dofu und die Kartoffeln röstet. Man pickt sich die Stücke wie man will vom Grill und für jedes Stück legt die Grillmeisterin ein Maiskorn auf einen Haufen. Am Ende werden die Körner gezählt und abgerechnet. Wir zahlen 10 RMB, umgerechnet 1,40€ für das Vergnügen.

Jianshui 建水 – erste Eindrücke

Kurz bevor wir Jianshui erreichen, weitet sich die Landschaft zu einer Ebene, gepflastert mit Folientunneln. Kurz nach 13:00h dann Ankunft in Jianshui, ein blitzblanker Bahnsteig aus weißem Stein, ein Häuschen – eine Miniatur eines Bahnhofs, mehr eine ländliche S-Bahnstation…… und keine Stadt, kein Dorf, nur plattes Land. Kaum sind wir durch den Ausgang, schon stürzen sich freudig alle Taxifahrer und Lockvögel auf uns, die schon auf dem staubigen Platz vor dem Bahnhöfchen mit Autos und anderen Gefährten bereitstehen. Ich erspähe einen Bus, der zur Altstadt fährt, in den wir entschlossen einsteigen. Wir wissen zwar nicht genau, wo wir raus müssen, aber sobald wir alte Gemäuer erblicken, steigen wir – so der Plan – aus. Die Orientierung erfolgt dann – dank unseres treuen Mupsis, ein mobiler Hotspot – per Apple Maps.

Als wir dann nach rund 10km Fährt an einem Kreisel mit deutlich erkennbaren altbaulichen Merkmalen aussteigen, bekommen allerdings wir erstmal einen Schreck: eine riesige Baustelle hinter einem Bauzaun, ganze Viertel weg…. Kommen wir zu spät???? Ist Jianshui dem Bauboom zum Opfer gefallen?? Nicht ganz. Wir navigieren uns in Richtung unseres Hotels durch eine Straßenallee gesäumt mit alten und alt gemachten Häusern. Unten Läden, die ihre Waren mit viel Krach (Musik + Ausrufer + automatische Ansagen in Endlosschleife) feilbieten, darüber schöne Holzelelemente und Dachkonstruktionen. Unser Hotel finden wir dann in einer Seitenstraße, deutlich ruhiger, um einen schönen Hof herum gebaut. Netter Empfang, sauberes Zimmer.

Nach kurzer Pause geht es dann erstmal in das Anwesen der Familie Zhu gleich neben an und eine der Hauptattraktionen. Ein Teil ist Hotel und nicht zugänglich, aber Rest ist beeindruckend genug. Familie Zhu hatte über Generationen hinweg offensichtlich ein gutes Näschen fürs Geschäft und auch politisches Geschick, immer auf der richtigen Seite zu stehen. Auf 20.000 qm gibt es 42 Höfe mit 212 Räumen. Die wurden in den letzten Jahren renoviert. Ein Wermutstropfen gibt es dann doch. Ich war gespannt auf den großen Garten, der den Garten aus dem Roman „der Traum der roten Kammer 红楼梦“ abbilden soll. Aber es gab nur einen Bauzaun. Der Garten wird renoviert. Das heißt er ist abgerissen und wird neu gebaut, wie die Bilder auf dem Bauzaun verkünden. Ein Blick hinter den Zaun zeigt noch ein paar Reste der Gartenanlage.

Nach dem Besuch bei den Zhus geht’s zum Konfuziustempel. Die klassische chinesische Architektur legt großen Wert auf Symmetrie. Der Konfuzius-Tempel in Jianshui, der vor 726 Jahren errichtet wurde, spiegelt dies gut wider. Trotz ihres hohen Alters ist diese Tempelanlage in einem erstaunlich guten Zustand. Mit seinen zahlreichen Nebengebäuden ist die Anlage von der Anordnung her dem Konfuziustempel in Qufu, der Heimatstadt Konfuzius nachempfunden.
Der Komplex ist in einen malerischen Park eingebettet, von Kiefer- und Bambushainen umsäumt mit einem großen vorgelagerten Lotusteich. Und das schöne ist, wir haben die Anlage fast für uns alleine und genießen die Ruhe.

und jetzt lasst Bilder sprechen. 百闻不如一见

Das Anwesen der Familie Zhu in Bildern

Der Konfuziustempel in Bildern

 

 

 

Was von Kunming übrigblieb…

Dass sich eine Stadt in 30 Jahren verändert, war zu erwarten. Doch, dass von der charmanten Stadt von damals mit ihren Straßen und Gassen mit eingeschossigen Holzhäusern fast nichts mehr übrig ist, ist schade. Hochhäuser wohin das Auge blickt und ein schier ungebrochener Bauwahn, dem alles alte weichen muss. Ob die mitreisende Dame aus dem Zug oder Taxifahrer, mit denen man ins Gespräch kommt, sie scheinen ihre neue Stadt auch nicht so recht zu mögen. Hochhäuser und neue Shopping Malls haben wir auch schon in anderen Städten gesehen, doch hier wirkt das planloser.

Nachdem wir im dritten Anlauf mithilfe eines Taxifahrers eine Verkaufsstelle für Bahntickets gefunden haben, die nicht abgerissen oder geschlossen war, haben wir unsere Tickets für die morgige Fahrt nach Jianshui erworben und sind dann in unser (noch) beschauliches Viertel am Cuihu Park zurückgekehrt.

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