Frühstück im Garten

Unser Hotel hat sich auf Langnasen eingstellt und serviert westliches Frühstück mit Kaffee, Toast, Ei und Früchten. Der Yoghurt schmeckt noch genau wie der, der Mitte der 80er als eines der ersten Milchprodukte in grauen Keramikfläschchen verkauft wurde.

Das nordchinesische Frühstück mit  Sojamilch, Reisbrei und ausgebackenen Stangen – Youjiao- mag ich gerne, aber hier habe ich vor scharfer Nudelsuppe mit Fleisch und eingelegtem Gemüse die Waffen gestreckt.

Heute Tempeltour und Suche nach den vielen Brunnen, die das Wahrzeichen von Jianshui bilden.

 

 

 

Tuanshan 团山 – ein Dorf zum Verlieben

Heute steht Tuanshan 团山 – Rundbergdorf – auf dem Programm, das rund 20km vom Jianshui entfernt liegt. Das gesamte Dorf, dessen bauten bis in die Mingzeit zurückreichen (13./14.Jhd.) steht unter Denkmalschutz, also sehr vielversprechend.

Gekommen war ich auf die Region um Jianshui durch den Blog Travel Cathay, der viel über alte Dörfer in Yunnan schreibt. Hier der Link zu seinem Bericht über Tuanshan, dann kann ich mir den historischen Exkurs sparen. Travel Cathay Tuanshan

Spannend an der Geschichte finde ich, dass eine Han-chinesische Familie, die sich dieses ursprünglich nur von der Volksgruppe der Yi bewohnte Dorf als Sitz auserkoren hat und mit wirtschaftlichem und politischem Geschick ausgestattet über die Jahrhunderte das Gesicht des Dorfes prägt.

Zum Dorf fahren wir mit einem Taxi, das uns das Hotel für diese Tour organisiert. Der Fahrer erweist sich als bewanderter „Guide“, der gerne und gut über die Gegend zu erzählen weiß (chinesisch vorausgesetzt) und uns auch noch zu einigen anderen interessanten Brücken aus der Qingzeit sowie einem alten Bahnhof von 1936, den noch die Franzosen gebaut haben, kutschiert.

Da wir recht früh da sind teilen wir uns das Dorf erstmal nur mit den Einheimischen. Wir spazieren durch die Gassen, vor einigen Gebäuden sind Erklärungen in Chinesisch und Englisch angebracht. In einige Höfe treten wir ein, wobei wir uns nicht immer sicher sind, ob wir gerade bei jemandem quasi im Wohnzimmer stehen oder noch auf der Besichtigungsroute sind. Der Übergang von privat zu öffentlich ist fließend. Hie und da wird von den Einheimischen einfaches Kunsthandwerk angeboten, aber das touristische Shoppingangebot hält sich erfreulich in Grenzen.

Die einfachen Häuser haben meist nur ein oder zwei Höfe, auf drei Seiten sind Wohnräume und auf der vierten ein Wasserspeicher. Der Renovierungszustand ist unterschiedlich. Aber man erkennt, dass hier nach der Maxime „Altes erhalten und wo möglich wiederverwenden“ gehandelt wird. Auf einigen Bildern kann man das gut erkennen. Einige der Lehmhäuser sind allerdings nicht mehr zu retten. Die Anwesen der Familie Zhang sind überwiegend aus massivem Stein errichtet mit Oberbauten und Dachkonstruktionen aus Holz. Sie sind auch deutlich größer mit etlichen Höfen mehr, wenngleich nicht so riesig wie das Anwesen der Zhus in Jianshui.

Ein besonderes Highlight für mich ist der kleine buddhistische Tempel mit bäuerlichen Skulpturen und Resten revolutionärer Wandgemälde gleich neben Buddha. Auch dieser Tempel ist liebevoll restauriert. Maobilder und Maosprüche begegnen uns noch mehrfach in den Höfen.

Kurz ein Dorf mit vielen Einblicken, interessanten Details, in dem man viel Zeit verbringen kann und das gerne…

Zum krönenden Abschluss futtern wir dann noch an einen kleinen Stand gegrillten Dofu, eine regionale Spezialität, Kartoffeln, und eine schwer zu bändigende Art Götterspeise aus Papaya. Zusammen mit drei Studentinnen und unserem Fahrer sitzen wir auf seeeehr niedrigen Hockern um einen Tisch mit einem primitiven Grill herum, auf dem die Grillmeisterin den Dofu und die Kartoffeln röstet. Man pickt sich die Stücke wie man will vom Grill und für jedes Stück legt die Grillmeisterin ein Maiskorn auf einen Haufen. Am Ende werden die Körner gezählt und abgerechnet. Wir zahlen 10 RMB, umgerechnet 1,40€ für das Vergnügen.

Jianshui 建水 – erste Eindrücke

Kurz bevor wir Jianshui erreichen, weitet sich die Landschaft zu einer Ebene, gepflastert mit Folientunneln. Kurz nach 13:00h dann Ankunft in Jianshui, ein blitzblanker Bahnsteig aus weißem Stein, ein Häuschen – eine Miniatur eines Bahnhofs, mehr eine ländliche S-Bahnstation…… und keine Stadt, kein Dorf, nur plattes Land. Kaum sind wir durch den Ausgang, schon stürzen sich freudig alle Taxifahrer und Lockvögel auf uns, die schon auf dem staubigen Platz vor dem Bahnhöfchen mit Autos und anderen Gefährten bereitstehen. Ich erspähe einen Bus, der zur Altstadt fährt, in den wir entschlossen einsteigen. Wir wissen zwar nicht genau, wo wir raus müssen, aber sobald wir alte Gemäuer erblicken, steigen wir – so der Plan – aus. Die Orientierung erfolgt dann – dank unseres treuen Mupsis, ein mobiler Hotspot – per Apple Maps.

Als wir dann nach rund 10km Fährt an einem Kreisel mit deutlich erkennbaren altbaulichen Merkmalen aussteigen, bekommen allerdings wir erstmal einen Schreck: eine riesige Baustelle hinter einem Bauzaun, ganze Viertel weg…. Kommen wir zu spät???? Ist Jianshui dem Bauboom zum Opfer gefallen?? Nicht ganz. Wir navigieren uns in Richtung unseres Hotels durch eine Straßenallee gesäumt mit alten und alt gemachten Häusern. Unten Läden, die ihre Waren mit viel Krach (Musik + Ausrufer + automatische Ansagen in Endlosschleife) feilbieten, darüber schöne Holzelelemente und Dachkonstruktionen. Unser Hotel finden wir dann in einer Seitenstraße, deutlich ruhiger, um einen schönen Hof herum gebaut. Netter Empfang, sauberes Zimmer.

Nach kurzer Pause geht es dann erstmal in das Anwesen der Familie Zhu gleich neben an und eine der Hauptattraktionen. Ein Teil ist Hotel und nicht zugänglich, aber Rest ist beeindruckend genug. Familie Zhu hatte über Generationen hinweg offensichtlich ein gutes Näschen fürs Geschäft und auch politisches Geschick, immer auf der richtigen Seite zu stehen. Auf 20.000 qm gibt es 42 Höfe mit 212 Räumen. Die wurden in den letzten Jahren renoviert. Ein Wermutstropfen gibt es dann doch. Ich war gespannt auf den großen Garten, der den Garten aus dem Roman „der Traum der roten Kammer 红楼梦“ abbilden soll. Aber es gab nur einen Bauzaun. Der Garten wird renoviert. Das heißt er ist abgerissen und wird neu gebaut, wie die Bilder auf dem Bauzaun verkünden. Ein Blick hinter den Zaun zeigt noch ein paar Reste der Gartenanlage.

Nach dem Besuch bei den Zhus geht’s zum Konfuziustempel. Die klassische chinesische Architektur legt großen Wert auf Symmetrie. Der Konfuzius-Tempel in Jianshui, der vor 726 Jahren errichtet wurde, spiegelt dies gut wider. Trotz ihres hohen Alters ist diese Tempelanlage in einem erstaunlich guten Zustand. Mit seinen zahlreichen Nebengebäuden ist die Anlage von der Anordnung her dem Konfuziustempel in Qufu, der Heimatstadt Konfuzius nachempfunden.
Der Komplex ist in einen malerischen Park eingebettet, von Kiefer- und Bambushainen umsäumt mit einem großen vorgelagerten Lotusteich. Und das schöne ist, wir haben die Anlage fast für uns alleine und genießen die Ruhe.

und jetzt lasst Bilder sprechen. 百闻不如一见

Das Anwesen der Familie Zhu in Bildern

Der Konfuziustempel in Bildern

 

 

 

Silberfahrt nach Jianshui

Nachdem wir den größten Teil unseres Gepäcks – dicke Kleidung brauchen wir nicht mehr – zum Cuihu Hotel, wo wir unsere letzten Tage vor der Rückreise nächtigen werden, gebracht haben, ging es im Taxi zum Bahnhof.

Da wir ja heute Silberhochzeitstag feiern – unglaublich, aber wahr -, haben wir unsere Holzklassesitze im Zug gegen Liegeplätze eingetauscht. 硬卧 yingwo, das sind Hart-Liegeplätze, ein Großraumwagen mit drei Etagen Stockbetten. Jetzt lümmeln wir auf unseren Liegen im fast leeren Wagon, dösen, schauen aus dem Fenster, essen, trinken Tee und tauschen uns mit dem wenig beschäftigtem Personal über die Qualität deutscher Autos aus oder erläutern die Funktion unserer Wanderstöcke, die keine Angeln sind. Entspanntes Reisen.

Draussen zieht viel bebaute Landschaft vorbei, die Felder häufig unter Folientunneln und dazwischen immer wieder eine Großbaustelle der Bahn, auf die wir auch in Sichuan mehrfach getroffen sind.

Was von Kunming übrigblieb…

Dass sich eine Stadt in 30 Jahren verändert, war zu erwarten. Doch, dass von der charmanten Stadt von damals mit ihren Straßen und Gassen mit eingeschossigen Holzhäusern fast nichts mehr übrig ist, ist schade. Hochhäuser wohin das Auge blickt und ein schier ungebrochener Bauwahn, dem alles alte weichen muss. Ob die mitreisende Dame aus dem Zug oder Taxifahrer, mit denen man ins Gespräch kommt, sie scheinen ihre neue Stadt auch nicht so recht zu mögen. Hochhäuser und neue Shopping Malls haben wir auch schon in anderen Städten gesehen, doch hier wirkt das planloser.

Nachdem wir im dritten Anlauf mithilfe eines Taxifahrers eine Verkaufsstelle für Bahntickets gefunden haben, die nicht abgerissen oder geschlossen war, haben wir unsere Tickets für die morgige Fahrt nach Jianshui erworben und sind dann in unser (noch) beschauliches Viertel am Cuihu Park zurückgekehrt.

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看热闹 – Buntes Treiben im Cuihu Park

Nach 18 Stunden Zugfahrt haben wir nur ein paar Schritte vom Cuihu Park, einem Wasserpark, entfernt Domizil bezogen in einem kleinen Hotel. Nach Pause und heißer Dusche zur Mobilisierung der steifen Gliedmaßen ging es dann in den Park, wo wir uns mitten in einem volksfestähnlichen Treiben wiederfanden. Auf fast jedem Fleck in und um den Park herum wurde getanzt, gehopst, gesungen, musiziert in Tracht oder ohne, traditionell oder modern mit oder ohne Verstärker und die einzige Schallisolierung zwischen den einzelnen Gruppen war der Ring aus Zuschauern, der sich um jede Gruppe bildete. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass dies keineswegs ein einmaliges Ereignis, also eine Art Kulturfest war, sondern, dass jedes Wochenende der Bär im Park steppt…. Und zwischen dem ganzen Spektakel auch ein paar beschaulichere Ecken.

Leider war der Speicher meines Handys voll, deshalb nur ein paar Fotos und Videosequenzen, die die Vielfalt und vor allem den Geräuschpegel der musikalischen Kakophonie nur bedingt wiedergeben. (Um den richtigen Eindruck zu bekommen, am besten beide Videos gleichzeitig ansehen/-hören und noch Radio und Fernseher mitlaufen lassen.)

 

Wie früher – Zugfahrt im Softsleeper

Viel hat sich nicht geändert in den K-Zügen, also den normalen Zügen. Sogar die Plastikblumen auf dem Tischchen gibt es noch. Man reist gemächlich im Softsleeper mit je zwei Betten übereinander. Das Essen ist genauso schlecht wie früher, wird jetzt nur in vorgeformten Plastiktablets und nicht auf Porzellan ausgeliefert. Dafür sind Toiletten und Waschraum sauberer.
Nichtsdestotrotz bin ich froh, wenn wir nach 18 Stunden gleich ankommen.

Unverhofft im Friedensdorf

Von Jiuzhaigou aus wählten wir für die Rückreise die Ost-Route, um einen Stopp in Jiangyou einzulegen, der Heimatstadt des Tangdichters Li Taibo. Die Ost-Route ist deutlich weniger befahren und landschaftlich wunderschön. Zunächst ging es kräftig bergauf auf einen Pass. Die Straße in gutem Zustand nur ab und an ein bisschen Steinschlaggeröll. Die Passhöhe war zugleich die Grenze zwischen dem autonom regierten Bezirk Aba und dem Bezirk Minxian, ein Bezirk mit offensichtlich klammer Kasse, denn die Straße wurde deutlich schlechter. Von Schlagloch zu Schlagloch schraubten wir uns den Pass wieder nach unten und fuhrhüpften dann in einem wunderschönes Tal einen Fluss entlang, der auch wieder Min hieß, aber anders geschrieben wird als der erste Min ist und auch noch ein paar mal seinen Namen wechselt.

Mittags aber war dann plötzlich Schluss… Mitten in einem kleinen Dörfchen, war ein provisorischer geschlossener Schlagbaum, bewacht von 2-3 Polizisten und eine große Tafel informierte darüber, dass man zur wissenschaftlichen Erkenntnis gekommen sei, dass die Straße renovierungsbedürftig sei und man dies nun, gestützt auf das Gesetz xyz der nationalen Straßenbauverordung (oder so ähnlich) nun auch umsetzte. Durchfahrt der Baustelle in unsere Richtung jeweils morgens und abends für zwei Stunden. Also genau genommen um 17.00h … das bedeutete fünf Stunden warten.

Wir gingen erstmal unter aufmerksamer Beteiligung des halben Dorfes ins örtliche Restaurant was essen – leckere unverfälschte Landküche, speziell für uns gekocht – machten anschließend einen Spaziergang in ein blühendes Seitental hinein und waren schon fast EhrenbügerInnen von Hepingcun, als es um 17.00h pünktlich weiterging. In Kolonne und Staubwolke rumpelten wir durch die kilometerlange Baustelle, bis es plötzlich wieder nicht mehr weiterging. Ein Erdrutsch hatte die Straße verschüttet und über zwei Stunden war schweres Gerät zugange, wieder eine Durchfahrt zu schaffen. Als es dann endlich weiterging und wir durch Matsch, Geröll und Steine durch waren, hatte keiner von uns den Nerv gehabt die Durchfahrt fotographisch festzuhalten. Wir litten alle mit unserem Fahrer, der den Wagen höchst konzentriert und umsichtig durch das Schlamassel manövrierte.

Letztendlich waren wir dann um 22.00h in Jiangyou im Hotel. Statt der geplanten fünf Stunden hatten wir dreizehn Stunden für die Strecke gebraucht.

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